Umgenutzt
In ganz Europa gibt es unzählige denkmalgeschützte Gebäude, die in den letzten Jahren zu neuem Leben erweckt wurden. Vielfach sind dabei auch besondere Ferienunterkünfte entstanden. Eine kleine Auswahl.
Kultur in der ehemaligen Saftstation
In der 1884 erbauten Saftstation im Westen der dänischen Insel Møn wurden früher Zuckerrüben verarbeitet – heute kann man in den ehemaligen Industriegebäuden aus hellem Klinker seinen Urlaub verbringen, Feste feiern oder Veranstaltungen besuchen. Das Anwesen Saftstationen wurde 2019 vollständig renoviert – dabei lag der Fokus auf dem Erhalt des Charmes der alten Fabrik. Entstanden sind zwei Ferienwohnungen für jeweils zwei Personen, deren schlichtes, helles Interieur dem skandinavischen Stil entspricht. Eigens für das Objekt entworfene Elemente schaffen eine besondere Atmosphäre. In dem zugehörigen Festsaal, der auch für private Feiern gemietet werden kann, finden regelmäßig Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen statt.
Umamma – das Apartment
Der erstaunte italienische Ausruf „Umamma“ entfährt so manchem Gast beim Betreten des Apartments im toskanischen Städtchen San Miniato: Auf 230 Quadratmetern findet man hier eine außergewöhnliche und dabei harmonische Mischung aus Mittelalter und Industrial Style. Alte Backsteinmauern und -gewölbe treffen auf moderne, industrielle Elemente wie Stahlrahmenfenster oder Glaswände. Ganze sieben Jahre dauerte es, bis der Palazzo aus dem 16. Jahrhundert fertig restauriert und die ursprüngliche Struktur hergestellt sowie die historischen Materialien der Räume freigelegt waren. Heute strahlt das moderne Interieur eine Lässigkeit aus, die durch den historischen Rahmen zusätzlich betont wird. Und – Umamma: Früher war hier tatsächlich unter anderem einmal das leichte Gewerbe zu Hause.
Wohnen im Convento Olhão
Eine ruhige Oase mitten in der Altstadt des portugiesischen Städtchens Olhão bietet das Convento Olhão. Obwohl der Name anderes vermuten lässt, wurde das Gebäude früher als Wohnheim für Frauen genutzt, die in der Fischindustrie arbeiteten – die Architektur und das ruhige Ambiente des heutigen B&Bs erinnern dennoch an ein Kloster. Von außen eher unscheinbar, öffnet sich nach dem Betreten ein von Säulengängen gesäumter Innenhof, der sich über zwei Etagen nach oben öffnet und in dessen Mitte ein Springbrunnen plätschert. Inspiriert vom maurischen Stil gruppieren sich die ehemaligen Schlafsäle, heute die Gästezimmer, um den Hof. Sowohl Außen- als der Innenräume sind in schlichtem Weiß gehalten, die reduzierte Einrichtung unterstreicht den historischen Charakter des Hauses.
Auszeit im alten Schleif- und Polierwerk
Das denkmalgeschützte ehemalige Glasschleif- und Polierwerk im Murnthal in der Oberpfalz liegt in einem weitläufigen, üppig bewachsenen Park mit altem Baumbestand. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war die Region bekannt für ihre Schleifwerke – heute findet man hier Natur pur. In den historischen Gebäuden der Dreiseitanlage Ferienwohnungen Mittermurnthal sind heute zwei ebenso puristisch wie stilvoll eingerichtete Ferienwohnungen mit den Namen „Schleif“ und „Polier“ untergebracht. Die eine bietet Platz für zwei Personen, die andere für zwei Erwachsene und zwei Kinder – in beiden bilden die komfortable Ausstattung, das minimalistische Interieur und die historische Bausubstanz ein harmonisches Ganzes.
Urlaub im alten Schulhaus
Früher drückten die Kinder der Insel North Uist hier die Schulbank – heute beherbergt das Tigharry Schoolhouse im Westen Schottlands eine moderne Ferienunterkunft. Das Schulhaus aus dem 19. Jahrhundert liegt inmitten von Feldern und Wiesen, nur zehn Gehminuten vom Strand entfernt. Die ehemaligen Klassenzimmer und der Speisesaal wurden als Wohnräume umgebaut, im benachbarten Cottage – früher das Wohnhaus der Lehrer – sind vier große Schlafzimmer und die Badezimmer untergebracht. Mit den Betonböden und Glaswänden wirken die bis unter das Dach geöffneten Innenräumen beinahe loftartig, alte Dielenböden und weiße Holzpaneele sorgen für eine warme Atmosphäre. Das Interieur ist eine Mischung aus Vintage-Stücken und modernen Möbeln.
Wasserturm in Potsdam
Nur wenige Gehminuten vom Park Sanssouci entfernt steht, angrenzend an den Wildpark, der alte Wasserturm von Potsdam. Er wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts am damaligen Kaiserbahnhof erbaut und diente der Wasserversorgung von Dampflokomotiven. Nach dem Umbau ist in dem historischen Bau heute eine Ferienwohnung untergebracht, die sich über sechs Ebenen und eine Dachterrasse erstreckt – das Treppensteigen gehört sozusagen zum Wohnerlebnis. Das moderne und schlichte Interieur im Wasserturm am Park Sanssouci schafft einen gelungenen Kontrast zu den erhaltenen historischen Details wie den rohen Backsteinwänden, den alten Eisentreppen, der Kuppeldecke im Erdgeschoss oder dem Wassertank mit Originalarmaturen.
Auf den Spuren der Tuchhändler
In den vier Stadthäusern am Grubplatz im ostschweizerischen Barockstädtchen Bischofszell lebten früher Tuchhändler, Handwerker, Wirtsleute und Bischofszeller Honoratioren – bis sie im Jahr 1808 in den Besitz der Familie von Jacob Christoph Wehrlin übergingen. Nach ihm ist auch das heute hier befindliche Apartmenthaus benannt: Jacob 1808. Im Zuge des Umbaus wurden zwei der alten Häuser auf allen Ebenen miteinander verbunden. Dabei wurde der Charme der historischen Bausubstanz mit den Stuckdecken, den Holzvertäfelungen und den Fachwerkwänden erhalten und durch eine moderne Einrichtung ergänzt. Dabei erzählt jede der fünf Wohnungen ihre eigene Geschichte: Vom „Wirtshaus“ über die „Sattlerei“ bis hin zum „Tuchhändler“ ist jede ein liebevoll kuratiertes Unikat.
Loft im ehemaligen Ladenlokal
Das denkmalgeschützte, Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute, dreiflügelige Wohn- und Geschäftshaus im Meraner Elisabethpark gilt als eines der stadtgeschichtlich bedeutendsten Häuser des Kurortes. Der Architekt Markus Scherer hat in dem Ensemble nicht nur sein Büro untergebracht, sondern auch ein ehemaliges Ladenlokal zu einer außergewöhnlichen Ferienwohnung umgebaut. Das Parcloft mit direktem Blick auf die Passer und die Wandelhalle am gegenüberliegenden Ufer erstreckt sich über zwei Ebenen und verbinden die historische Architektur mit zeitgenössischem Design – Schränke aus Eiche und Wiener Geflecht treffen hier auf Wände aus Glasbausteinen und Vintage-Thonet-Stühle auf eigens für das Loft entworfene Möbelstücke.
Außergewöhnlich feiern in der alten Schule
Das alte Schulhaus in der belgischen Provinz Namur bietet eine charmante Umgebung – ob zum Urlaub machen oder Feiern. In La Classe, dem 1863 erbauten, dreistöckigen Gebäude mit Backsteinfassade finden Familien ebenso wie Gruppen von bis zu 21 Personen ausreichend Platz. Die historische Bausubstanz verleiht den Räumen einen eigenen Charme – zusammen mit der hochwertigen Ausstattung und zahlreichen Designstücken entsteht ein außergewöhnliches Ambiente. Dabei verweist das Interieur immer wieder humorvoll auf das Thema Schule: In der offenen Küche mit großem Esstisch und Loungeecke hängen verschiedenfarbige Schulstühle an der Wand, im Gemeinschaftsraum stehen alte Turngeräte, überall trifft man auf Schultafeln, ob im Innen- oder Außenraum.
Feiern in der alten Färberei
Im frühen Mittelalter wuschen die Merowinger hier ihre Wäsche im Fluss, später wurde an dieser Stelle der Lahn die erste Färberei der hessischen Burgenstadt Runkel gegründet. Heute bietet die denkmalgeschützte Alte Färberei Runkel aus dem Jahr 1928 Platz für Gruppen von bis zu 30 Personen – ob für (Familien)Feiern oder Workshops. In dem modern und reduziert eingerichteten Gästehaus gibt es fünf Doppelzimmer, zwei Dreibettzimmer sowie einen Raum mit Matratzenlager unter dem Dach. Ein großer Raum im Erdgeschoss kann zum Essen und Wohnen oder auch als Seminar- oder Partyraum genutzt werden. Die Lahn wird heute, statt zum Wäschewaschen, bevorzugt für ein erfrischendes Bad genutzt – zumindest von guten Schwimmern.
Text / Zusammenstellung: Tina Barankay
Fotos: © Wirth Alonso Architects (Wasserturm am Park Sanssouci, auch Titelbild), © Egon Gade (Saftstationen), © Andrea Vierucci (Umamma), © Theo Gould (Convento Olhão), © Mannhart Wolfgang (Mittermurnthal), © Cara Forbes (Tigharry Schoolhouse), © Marco Wüst (Jakob 1808), © Davide Perbellini (Parcloft), © Alexandre de Radiguès (La Classe), © Ingmar Kurth (Alte Färberei Runkel)
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