Reisefieber – die Kolumne von Wolfgang Bachmann auf URLAUBSARCHITEKTUR

Wer eine Ferienwohnung anbietet, geht bei der Ausstattung von seinem eigenen Geschmack und seinen Möglichkeiten aus und überlegt nicht, was dem Gast gefallen, sondern was man sparen könnte. Schließlich handelt es sich nur um eine Ferienwohnung, die Urlauber kommen doch zum Surfen, Biken oder Skifahren.

Erfahrene, kulturbeflissene Mieter einer Ferienwohnung ahnen, was auf sie zukommt. Sie planen ihren Urlaub immer zwei Tage länger, weil sie bei der Ankunft erst die Bilder entfernen, die Vorhänge abnehmen und die Möbel umstellen – und vor der Abreise alles wieder rekonstruieren müssen. Hilfreich ist es deshalb, mit dem Handy den Originalzustand zu fotografieren. Wer regelmäßig in so einem Gelegenheitsquartier wohnt, weiß, dass er mehr mitnehmen muss als zum Zelten. Denn Ferienwohnungen zeichnen sich durch Substandard aus, sonst wären es ja richtige Behausungen, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.

Neben der Grundausrüstung für Küche und Badezimmer sollte man sich also ein Radio mitnehmen. Zwar gibt es inzwischen überall Fernsehgeräte mit Satelliten-Empfang, aber der Urlaub wird nicht reichen, um die rätselhaften Fernbedienungen sicher zu handhaben. Auch Leselicht fehlt immer, deshalb lohnt es, zwei kleine Stehlampen einzupacken. Eigene Matratzen wären zu aufwändig, aber seine Tempurkeile und das Kirschkernsäckchen möchte man nicht missen. Natürlich gehören ins Gepäck Sonnenschirm, Yogamatte, Personenwaage, Wäscheständer, Bügelbrett, Dampfgarer, Spätzlepresse, gusseiserne Teekanne, ein Satz scharfer Messer, ferner Rohrzange, Klappspaten, Bohrmaschine – man kann es nicht oft genug sagen.

Die Prospektprosa hat man längst durchschaut. „Verkehrsgünstig gelegen“ heißt: Es ist irre laut. Unsere letzte Wohnung wurde mit „gemütlichem Kamin“ angepriesen. Es stellte sich heraus, dass das Haus keine Heizung hatte. Mit der offenen Feuerstelle sollte man die Raumtemperaturen über der Frostgrenze halten. Also gingen wir täglich zum Holzsammeln in den Wald, was eine willkommene Abwechslung in das Wanderprogramm brachte. Aber eine Motorsäge wäre nicht schlecht gewesen.

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Wolfgang Bachmann war Chefredakteur und danach Herausgeber der Architekturzeitschrift “Baumeister”. Neben seiner journalistischen Arbeit ist er weithin bekannt für seine oft augenzwinkernden Kolumnen z.B. im Baumeister und für die Süddeutsche Zeitung. Wolfgang Bachmann schreibt ab 2014 regelmässig für URLAUBSARCHITEKTUR.