Reisefieber – die Kolumne von Wolfgang Bachmann auf URLAUBSARCHITEKTUR
LSF, wie man voreilig vermuten könnte, bezeichnet keine neue Fernsehsendung mit Dieter Bohlen, sondern ist die Abkürzung für den Lichtschutzfaktor einer Sonnencreme. Um sie soll es gehen.
Sonnencreme, wissenschaftlich als Lichtschutzpräparat klassifiziert, ist das Schmiermittel für den Urlaub. Schon ihr Geruch verheißt Sonne und Freizeit. Welche Erinnerungen kleben an der angebrochenen Tube, die man im letzten Jahr auf Malle gekauft hat! Zur Reisezeit rüsten die Drogerien entsprechend auf, ein paar Regalmeter sind schon nötig, um die konkurrierenden orange-braunen Tuben, Fläschchen, Dosen, Tiegel aufzustellen. Der Kunde bedient sich hier mit Bedacht, es sind Produkte zwischen Kosmetik und Pharmazie. Man hat ja einiges gelesen über Hautkrebs, aber nur passiv abhalten will man die Sonnenstrahlen ja auch nicht: Wird man nicht doch schöner braun, wenn man einen geringeren Lichtschutzfaktor nimmt? Selbstbräunungscreme kauft und verwendet man dagegen nur diskret, so wie Kondome. Das hängt damit zusammen, dass Urlaubsbräune als gesunde körperliche Leistung zählt, da will man beim Mogeln nicht erwischt werden. Nix Push-up!
Seit wann gibt es eigentlich Sonnencreme? Als Kinder hat man uns lediglich ganz normale Niveacreme auf die Nase und den Buckel geschmiert. Erst bei einer Reise an die Nordsee kam Mutter mit einer türkisfarbenen Flasche Zeozon daher. Das war toll, Sonnenmilch! Sofort bekam der Urlaub ein ganz anderes Niveau. Es war dann aber nur kalt und hat geregnet.
Später als Pennäler schworen wir auf Tiroler Nussöl, wenn wir die Nachmittage im Schwimmbad verbrachten. Nussöl war eine elend klebrige Angelegenheit, hinterließ Flecken auf dem Handtuch und Schlieren im Wasser, aber es roch nach Urlaub und sollte unerreicht gut bräunen. Das leuchtete uns ein, unter Fett und Frittieren konnte sich jeder etwas vorstellen.
Sonnencreme ist also ein Auszeit-Präparat. Jedenfalls für uns Büroangestellte in der Stadt. Es gibt Berufe, bei denen gehört Sonnencreme dazu wie Büromaterial, etwa bei Skilehrern und Skippern. Die können sie sogar steuerlich absetzen. Egal mit welchem LSF.
—
Wolfgang Bachmann war Chefredakteur und danach Herausgeber der Architekturzeitschrift “Baumeister”. Neben seiner journalistischen Arbeit ist er weithin bekannt für seine oft augenzwinkernden Kolumnen z.B. im Baumeister und für die Süddeutsche Zeitung. Wolfgang Bachmann schreibt ab 2014 regelmässig für URLAUBSARCHITEKTUR.
0 Kommentare