Im dritten Teil unserer Reihe „Aus dem Leben einer Vermieterin“ dreht sich alles um den psychologisch wichtigen Moment der Ankunft. Der Urlaub hat begonnen, aber ist man wirklich schon da?
Ich erinnere mich sehr gut an eine Situation kurz nach unserer Eröffnung. Die Wohnungen waren gerade fertig, alles glänzte und roch neu, wir waren so stolz auf das, was wir geschaffen hatten. Eine Frau, die als zweiter Gast eine Wohnung gebucht hatte, grüßte bei ihrer Ankunft kurz, stürmte an uns vorbei in die Wohnung und rannte durch alle Zimmer. Wir hörten Türen schlagen und den Klodeckel klappen und wunderten uns. War das vielleicht eine geheime Ferienwohnungstesterin? Ein paar Minuten später trat sie mit ernstem Blick über die Schwelle und unterrichtete uns, dass sie Petersilienblätter im Sieb der Spülmaschine gefunden hätte und dass bei so einer schlechten Pflege wir wahrscheinlich nicht lange existieren würden. Bäm – würde meine Teenager-Tochter jetzt sagen. Treffer, versenkt.
Während die Frau ihre Koffer tapfer aus dem Auto holte – scheinbar willens, ihren Urlaub an so einem ungepflegten Ort zu verbringen – sah ich vor meinem inneren Auge die gerade gestartete Existenz bereits in Scherben liegen. So schwierig hatte ich mir mein Leben als Vermieterin nicht vorgestellt.
Heute weiß ich: Es ist der besondere Moment des Ankommens, wo Erwartung und Wirklichkeit aufeinandertreffen und wo Hunger, Harndrang und hysterische Kinder keinen klaren Gedanken zulassen. Wer jetzt auch noch an die Koffer denkt, die gleich wieder ausgepackt werden müssen und sich fragt, ob es überhaupt noch einen offenen Supermarkt am Samstagabend gibt, der ist für das Schöne nicht empfänglich und garantiert nicht im Urlaubsmodus. Andere Gäste wiederum haben sich vielleicht so lange auf den Urlaub gefreut, dem Partner immer wieder von der tollen Unterkunft erzählt, die sie durch Glück gefunden haben, den Arbeitskollegen vorgeschwärmt und jetzt – passt das idealisierte Bild nicht zur Ankunftsrealität.
Meine Mitarbeiterin erzählt mir regelmäßig von Gästen, denen sie beim Ankommen nichts recht machen kann. Der Parkplatz ist zu eng, die Treppen zu steil, es gibt nicht genügend Ablagefläche im Badezimmer und dann auch noch der Garten …. Sah das nicht anders aus auf den Bildern? Ja, und wo ist eigentlich die versprochene Waschmaschine? Immer freundlich lächeln, souffliere ich meiner Mitarbeiterin.
Ein paar Tage später, wenn ich mich erkundige, ob die Gäste noch immer alles doof fänden, eine 180-Grad-Wende: Nein, sie seien alle superzufrieden, total nett, freuen sich, so einen schönen Ort gefunden zu haben und planen bereits jetzt wiederzukommen. Was ist passiert?
Der erste Eindruck, für den man angeblich keine zweite Chance bekommt, scheint bei Urlaubsunterkünften nicht entscheidend zu sein. Anders als in der zwischenmenschlichen Kommunikation, wo sich das Gehirn schnell festlegt und meist auch recht behält, muss ein Urlaubsdomizil oft erst erobert werden. Mit dem Verteilen der mitgebrachten Sachen setzt man seine persönlichen Duftmarken und mit dem ersten Kaffee auf der Terrasse öffnet sich der Blick. Der lange Stau auf der Autobahn, vergessen; die letzte Mail, die nicht versendet werden konnte, egal; die vergessene Sonnenbrille, die doch griffbereit im Flur lag, nicht so schlimm. Manche benötigen zum Ankommen nur ein paar Minuten, andere ein paar Stunden, im schlimmsten Fall Tage. Gute Ferienwohnungen können auf diesen Moment geduldig warten.
Veröffentlicht: Mai 2022
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