Das Parkhotel Holzner: Geschichte einer Oase
Das Parkhotel Holzner in Oberbozen ist ein Haus der Kontraste, die sich in jedem Bereich stimmig zueinander gesellen und überzeugende Synergien schaffen: Leib und Seele.
Ein Foto aus dem Jahr 1903. Verblichene Sepiafarben. Ein elegant gekleideter Mann mit Schnauzbart und Hut sitzt auf einem Kamel, hinter ihm zeichnen sich die Pyramiden von Gizeh ab. Hans Holzner ist Hoteldirektor in Ägypten und als er 1908 in seinen Heimatort Oberbozen zurückkehrt um dort die Führung des neu eröffneten Hotels gleichen Namens zu übernehmen, bringt er ein Stück der orientalischen Welt mit an den Südhang des Rittner-Sonnenplateaus. Im ganzen Haus verteilt er seine Souvenirs: Sphinx-Statuetten mit eingeritzten Hieroglyphen, türkisfarbene Skarabäen, ein ausgestopftes Krokodil. Es mag reiner Zufall sein, dass sich unweit des Hotels die berühmten Rittener Erdpyramiden gen Himmel strecken, wie riesige Stalagmiten aus Lehm. Ein spektakuläres Naturphänomen, kein Souvenir, und doch ein wunderbares Beispiel dafür, wie sich an diesem Ort lokale Begebenheiten und kulturelle Besonderheiten – die eigenen und die fremden – auf fruchtbarste Weise begegnen, sich gegenseitig bereichern und ein einzigartiges Setting für ganz besondere Urlaubserlebnisse schaffen. Die Geschichte einer Oase.
Zeitgeist
Um die Jahrhundertwende sucht die südtiroler Rittnerbahn-Gesellschaft nach einem geeigneten Bauplatz für ein Hotel entlang der Bahntrasse in Oberbozen und findet den perfekten Ort inmitten von Wiesen und Wäldern, auf einer natürlichen Terrasse am Südhang des Rittner Hochplateaus. Der Weitblick von hier oben lässt einen vor Glück taumeln. 1908 eröffnet das Hotel Oberbozen und die feine Gesellschaft ruckelt von da an mit der Zahnradbahn bergaufwärts in die Sommerfrische um ganz en vogue im neuen Berghotel zu logieren.
110 Jahre später liegen die Geschicke des Hauses in den Händen der vierten Holznerschen Generation, die Gäste steigen direkt im Zentrum von Bozen in moderne Seilbahngondeln und schaukeln in wenigen Minuten hinauf auf den Ritten. Gleich neben der Bergstation steht das Parkhotel Holzner auf seinem Sonnenplateau, blickt andächtig zurück auf seine bewegte Geschichte und auf die unverändert eindrucksvolle Bergszenerie. Doch etwas hat sich verändert: Umgeben von grasgrünem Weideland und kristallklarer Luft geben sich heute Tradition und visionäre Ideen, Jugendstil und neue, alpine Architektur ein Stelldichein auf 1200 Metern Höhe.
Monika und Wolfgang Holzner – samt vierköpfiger Kinderschar – haben das Haus vor 10 Jahren von Wolfgangs Eltern übernommen und ihm mit jungen Ideen und frischen Konzepten ihre persönliche Prägung verliehen. Das Ergebnis ist eine harmonische Symbiose der Kontraste, die den Zeitgeist der Belle Époque im gegenwärtigen Augenblick ansiedelt und gleichzeitig moderne Urlaubsbedürfnisse perfekt durchdekliniert.
Müßiggang
Das Parkhotel ist ein Ort des schönen Lebens auf Augenhöhe mit allen Generationen. Sein Gelände ist weitläufig und verwinkelt und überrascht mit immer neuen Veduten, stillen Eckchen und einladenden Plätzen für ungezwungenen Austausch. Im Holzner steht die Zeit nicht still, doch sie scheint anderen Gesetzen zu folgen: Der Tag entfaltet sich im Rhythmus genießerischen Müßiggangs – je nach Alter, Lust und Laune kann man ausgezeichnet schlemmen, spielen, saunen, wandern, entspannen, staunen. Inmitten des atemberaubenden Naturspektakels der Dolomiten dürfen die großen und kleinen Gäste des Holzner Urlaub mit allen Sinnen erleben. Und wer am Morgen seine Bahnen durch den Panoramapool zieht und dabei den Blick über die still thronenden Gipfel schweifen lässt, den durchströmt ein Gefühl von Freiheit und der Leichtigkeit des Seins.
Baugeschichte(n)
Im Parkhotel Holzner trifft heute Alpiner Jugendstil auf die klaren Linienführung zeitgenössischer Architektur und das Haus wird zum Ich- Erzähler einer ganz persönlichen (Bau)Geschichte. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer wieder Umbauten und Renovierungen nötig, wobei die originale Substanz nur punktuell und sehr behutsam verändert wurde. Die größten Eingriffe waren der Einbau einer Zentralheizung, von en-Suite-Bädern und der Umbau der Frühstücksveranda an der Südfassade zu einem geschlossenen Speisesaal Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Der neue Wellness-Bereich brachte 2006 die Umstellung auf Beheizung mit erneuerbaren Energien und den Bau einer Hackschnitzelanlage mit sich. Nachdem die Regie 2008 – zum hundertjährigen Bestehen des Jugendstilhotels – in die Hände der vierten Generation überging, war die Zeit reif für neue Visionen und ein neues Kapitel in der Baugeschichte des Berghotels.
Neuland
Das neue Projekt, welches die Erweiterung als behutsames Weiterbauen am Bestand vorsah, wurde von der Hoteliersfamilie als Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Die Anforderung an die zukünftigen Architekten: neue Ideen und Konzepte, welche die Geschichte des Hauses sowie die lokale Tradition inhaltlich und materialtechnisch im Fokus behielten und sich gleichzeitig einer zeitgemäßen Formensprache öffneten. Intention des nachhaltig ausgerichteten Projekts war es, den ursprünglichen Charakter des Jugendstilbaus zu erhalten und dennoch den modernen, generationsübergreifenden Urlaubsbedürfnissen der Kernzielgruppe Familie Rechnung zu tragen. Die Ideen des Brixener Architektenduos bergmeisterwolf (Gerd Bergmeister und Michaela Wolf) trafen ins Schwarze.
Zwischen 2013 und 2018 nahmen die Holznerschen Wünsche und Visionen Schritt für Schritt Gestalt an. Ausgewählte Materialien und ein klares Design ziehen sich heute durch alle Innenräume und verbinden alt und neu zu einer stimmigen Einheit. Die neuen Elemente – der bergmeisterwolf-Flügel mit Tiefgarage, den neuen Eden-Suiten und dem Liberty-Spa – integrieren sich leise in das bestehende Ensemble, verlängern den Jugendstil-Bau und treten in den Dialog mit der umliegenden, behutsam gezähmten Landschaft. Die großen gläsernen Öffnungen lassen den Blick frei über die Dolomiten und den weitläufigen Park schweifen, werden zur Projektionsfläche für den Himmel, das Licht und die Berge.
Die Erweiterung des Dachgeschosses und der Ausbau des historischen Turms zu einem kleinen Sternenobservatorium waren ein wichtiger Bestandteil des Umbaus, dessen oberste Prämisse die Suche nach einer zeitlosen Architektur, nach einem Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart war.
Kunst am Bau
Die Konzeption des Neu- und Umbaus sowie die Neugestaltung des umliegenden Parks ist das Ergebnis einer äußerst stimmigen, interdisziplinären Talentfusion von Architektur (bergmeisterwolf), Landschaftsdesign (Roland della Giacoma) und Kunst (Manfred Alois Mayr).
Der Südtiroler Künstler Manfred Alois Mayr entwirft Farbkonzepte für Gebäude. Im Fokus steht hierbei nicht der künstlerische Akt sondern vielmehr die Identität eines Ortes, die durch Farbe wahrnehmbar wird. Das Wesen der Farbe geht dabei weit über das rein Dekorative hinaus und manifestiert sich als kraftvolle Energie, die ganz bestimmte Schwingungen aussendet. Mayr geht in Resonanz mit dem Ort, an dem er künstlerisch tätig wird, spürt ihm nach, hört in ihn hinein, forscht. Seine Geschichte, Tradition und Funktion wird zum Leitmotiv auf der Suche nach den passenden Pigmenten und der Wahl der Oberflächenbehandlung.
Mayrs chromatische Kunst am Bau im Parkhotel Holzner hat eine erstaunliche Wirkung auf den Betrachter: die Farbräume erzeugen eine wohltuende, kontemplative Atmosphäre, welche den Genius loci des Hauses unmittelbar erfahrbar macht.
Heilige Hallen
Das Untergeschoss des Parkhotels birgt einen Schatz: im verborgenen und Geborgenheit spendenden innersten Kern des Hauses liegt der neue Liberty-Spa mit großzügigen Behandlungs- und Ruheräumen, Saunen und seinem feucht-heiß dampfenden Herzstück: dem Hamam. Wenn das Tageslicht durch die hohen Glasfronten und den Lichtschacht des Patio dringt und die weitläufigen Räume durchflutet, breitet sich eine stille, fast heilige Ruhe aus. Die stimmungsvolle Beleuchtung am Abend taucht den Liberty Spa in die magische Atmosphäre von 1001 Nacht, natürliche Aromaölessenzen schmeicheln sich durch die Atemwege und entspannen den Geist. Eine Oase für Seele und Sinne inmitten des Bergzaubers der Dolomiten und eine Hommage an einen der geistigen Väter des Jugendstils: Arthur Lasenby Liberty.
Synergien
Das Parkhotel Holzner ist ein Haus der Kontraste, die sich in jedem Bereich stimmig zueinander gesellen und überzeugende Synergien schaffen: Leib und Seele. Jugendstil und Sichtbeton. Wilde Natur und urbaner Flair. Alpenglühen und Orient. Groß und Klein. Zeitlos und am Zahn der Zeit.
Der polyglotte Hans Holzner hat seinen Nachfahren seine Visionskraft, seine Weltoffenheit und die Freude an Gastfreundschaft und Vielfalt mit in die Wiege gelegt und so ist das Parkhotel Holzner heute nach 110 Jahren beides, ein großartiges Beispiel für eine „Tradition ohne Scheuklappen“ und ein leidenschaftliches Statement für kulturelle, nachhaltige und stilistische Evolution. Hier schließt sich der Kreis. Hans Holzner würde bei diesem Anblick wohlwollend nicken und lächelnd seine Sphinxen und Skarabäen mit dem Staubwedel streicheln.
Text: Von Britta Krämer, September 2018
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