Im fünften Teil unserer Reihe „Aus dem Leben einer Vermieterin“ rätselt unsere Autorin, warum sich bei manchen Gästen die große Freiheit im Urlaub in Waschorgien erschöpft.
Bitte entschuldigen Sie, wenn ich diesen Text nicht gendere, die Zielgruppe, über die ich heute spreche, ist aus meiner Erfahrung zu 99% weiblich. Ich weiß nicht, ob dies ein deutsches Phänomen ist, dazu fehlen mir internationale Vergleichswerte. Was ich weiß, ist, dass Waschen im Urlaub für Frauen manchmal eine wahre Zwangshandlung ist. So als ob der Erfolg des Urlaubs von der porentiefen Reinheit der T-Shirts abhängt.
Eine sehr gute Freundin von mir, die garantiert keine Hausfrauenambitionen hat, wählt als Filter bei ihrer Unterkunftswahl immer „Pool, WLAN, Spülmaschine, Waschmaschine“. Damit verknappe sie das Angebot, erklärt sie mir. Wahrscheinlich ein geschickter Move aus einem Managementseminar, der sich perfekt auf Urlaubsentscheidungen übertragen lässt. Die Waschmaschine, ergänzt sie mit ernstem Blick, die sei lebensnotwendig. Seit einem gemeinsamen Familienurlaub kann ich das bestätigen. Während ich mich im schmuddeligen Shirt auf dem Liegestuhl sonnte, rannte sie durch alle Räume und sammelte Wäsche – jeden Tag! Das war mein erster Urlaub, bei dem ich mit sauberer Wäsche im Koffer zurückgereist bin.
Als Vermieterin beobachte ich den Urlaubswaschzwang aus der anderen Perspektive. Unsere Waschmaschine läuft und läuft und läuft. Selten voll, aber immer volles Programm. Frische Strandhandtücher sind Pflicht, und den Kindern das Lieblingsshirt ohne Schokoladeneisflecken zu präsentieren, scheinbar pures Urlaubsglück. Während die meisten im Urlaub dem Alltag entfliehen, versuchen wiederum andere – ja was? Auch hier perfekt zu sein? Nicht aus dem Trott zu kommen? Oder sich bei Hausarbeit zu erholen? Manchmal möchte ich Frauen die Wäschekörbe aus der Hand nehmen, den Arm um die Schultern legen, tief in die Augen blicken und sagen: Du bist im Urlaub! Aber wenn das Urlaubsglück vom Waschen abhängt, dann will ich diesem auch nicht im Weg stehen. So wie bei der jungen Mutter, die mit verzweifeltem Blick bereits seit mehreren Stunden auf der Suche nach meiner Mitarbeiterin war. Gestern angekommen, musste sie heute unbedingt waschen. Eine Hose ihres kleinen Sohnes. Ich ersparte mir und ihr einen Vortrag über Nachhaltigkeit und schloss den Waschraum auf. Oder die Dame, die davon ausging, dass in Ferienwohnungen auch ein täglicher Handtuchservice inbegriffen sei. Nach ein paar Urlaubstagen überreichte sie meiner Mitarbeiterin ihre benutzten Handtücher und bat freundlich um neue. Die Erklärung, dass die bestellten Handtücher für den gesamten Reisezeitraum wären, konterte sie mit einer Waschoffensive. Ab sofort wusch sie die Handtücher in der Waschmaschine. Täglich. Scheinbar eine Form von Notwehr gegen schlechten Service.
Unser Waschraum für Gäste ist 24/7 geöffnet. Ob ich meinen weiblichen Gästen damit einen Gefallen tue? Ich weiß es nicht. Denn was, frage ich mich nach vielen Jahren als Vermieterin, ist zuerst da: das Bedürfnis oder die Möglichkeit? Sind Frauen ohne Waschmaschine vielleicht glücklicher im Urlaub? Denn wo keine Maschine, da auch kein Zwang. Der Pulli von gestern – geht, die Socken – können auch noch getragen werden und das Strandhandtuch – wird morgen eh wieder schmutzig.
Aber, ich bekenne: auch ich wasche im Urlaub; aber möglichst nur, wenn es sich partout nicht mehr vermeiden lässt und der saubere Kofferinhalt leider zu früh verschwunden ist. Dann bin ich sehr froh über eine Waschmaschine. An der erhöhten Betriebsamkeit in unserem Waschraum kurz vor Abreistagen merke ich aber, dass es noch einen Grund gibt, zu waschen: scheinbar gibt es ein großes Bedürfnis, mit sauberer Wäsche auch aus dem Urlaub zu kommen. Dann sitzt frau glücklich wieder zuhause, räumt die Wäsche in den Schrank und denkt: schade, dass der Urlaub schon wieder vorbei ist!
Veröffentlicht: August 2022
Coverfoto: Dmitri Aslanov / Unsplash
Irgendwie eine gute Story – beim Lesen dachte ich spontan an Loriot & Evelyn, sie mit Waschkorb… Ich musste total lachen! Eine Handwäsche mit Reisewaschpaste tut es doch auch, oder? Waschen – was wirklich nötig ist und das mit der Hand, das gehört bei mir zum Urlaub :) Eine Waschmaschine im Urlaub zu benutzen, fiele mir im Traum nicht ein, denn wie sollte ich denn den Alltag vom URLAUB unterscheiden können?
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Wir bieten aus hygienischen Gründen die Waschmaschine des Hauses nicht zum allgemeinen Gebrauch an (bei mehreren FeWos im Haus würden wir dann vermutlich mit der Wäsche der hauseigenen Handtücher gar nicht klarkommen…) und verweisen bei Nachfrage auf den sehr nahe gelegenen öffentlichen Waschsalon (7kg für 5€ sind sicher ein guter Preis). Und plötzlich muss dann auch nicht mehr gewaschen werden 😉. Ich möchte in meinem Urlaub gar nicht waschen, sondern erledige das mit meinem Lieblingswaschpulver (geruchsempfindlich und umweltbewusst….) gerne in der eigenen Maschine
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Der Artikel spricht mir als Vermieterin aus dem Herzen. Ich vermiete seit 2009, aber das Phänomen, dass die Kinder 2x am Tag ein neues T-Shirt angezogen bekommen, die Unterwäsche, die Handtücher täglich gewechselt werden – erlebe ich erst in den letzten zwei Jahren. Ein Ehepaar, das eine Woche bei uns blieb, schaffte es – 31 Handtücher zum Waschen zu geben. Woher kommen diese Zwänge zur „reinen Weste“? Ich finde es tatsächlich abartig und überlege, wie ich das den Gästinnen abgewöhne! Habt Ihr Ideen?
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Schöne, genaue Beobachtung in poetisch erheiternder Verpackung.
Herzlichen Dank!
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