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Ernten, überarbeiten, einbauen

Ein Architekturbüro hat vorgemacht, wie man ein Haus aus gebrauchten, recycelten sowie wiederverwertbaren Materialien baut. Aufgrund der dünnen Datenlage war dabei eine Flexibilität gefragt, die den Planungsprozess künftig verändern dürfte.

von Lars Klaaßen im März 2024

Ernten, überarbeiten, einbauen

Ob man ein herkömmliches Haus baut oder eines, das den Kriterien von Kreislaufwirtschaft, Urban Mining und Cradle to Cradle entspricht, macht von der Planung bis zur Fertigstellung an vielen Punkten einen großen Unterschied. Um zu erfahren, was das konkret bedeutet, muss man solch ein Haus aber erstmal realisieren. Genau daran hat sich das Architekturbüro Cityförster gemacht, mit dem Recyclinghaus ein experimentelles Wohnhaus entworfen und den Bau bis zur Schlüsselübergabe begleitet.

Das Recyclinghaus im hannoverschen Stadtteil Kronsberg wurde im Sommer 2019 fertiggestellt. „Es ist ein Prototyp, der die Möglichkeiten und Potenziale verschiedenster Arten von Recycling im Reallabor austestet und einen kreislauforientierten und ressourcenschonenden Planungsansatz aufzeigt“, sagt Nils Nolting, Architekt bei Cityförster, der das Projekt betreut hat. „Wir haben Recycling-und Gebrauchtmaterialien in einem Umfang eingesetzt, wie bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung bei keinem anderen Gebäude in Deutschland.“

Das Ziel lautete: erhebliche Verminderung der grauen Energie sowie erhebliche Ressourceneinsparungen im Gebäudeherstellungsprozess. Cityförster hat dafür auf unterschiedliche Quellen zurückgegriffen. Mit Blick auf die CO2-Bilanz einschließlich der Transportwege kam dem Projekt außerdem zugute, dass viele der Bauteile sich direkt in der Region beziehen ließen.

Soweit möglich hat Cityförster zunächst gebrauchte Bauteile genutzt. „Etwa 90 Prozent der Fassadenbekleidungen sind aus gebrauchten Bauteilen hergestellt, auch alle Fenster und Außentüren“, so Nolting. Im Innenausbau und bei den Freianlagen habe man ebenfalls fast vollständig auf gebrauchte Bauteile und Materialien zurückgegriffen: etwa Messebauplatten für Innenwände, -böden, -türen oder gebrauchte Betongehwegplatten als Estrichersatz auf Brettstapeldecken und als Rasensteine, -borde, Mauer.

Baustoffe verpacken, lagern und reinigen

Zwischen Ernte und Einbau mussten die Bauteile in der Regel überarbeitet werden. Ein paar Beispiele: Profilbaugläser, die nun als Fassadenbekleidung dienen, wurden zwischenzeitlich verpackt, gelagert, gereinigt und vor dem Einbau sortiert; Fensterelemente vor dem Einbau energetisch mit 3-Scheibenverglasung ertüchtigt. Auch verschiedene Stahl-U-Profile mussten nach dem Ausbau zwischengelagert werden, bevor es an den Zuschnitt ging. Sie dienen nun als Absturzsicherung im Treppenhaus, als Unterkonstruktion von Treppenpodesten und als Stahlzargen von raumhohen Türen.

Wo Cityförster bei den gebrauchten Bauteilen nicht fündig wurde, griff das Team Recyclingbaustoffe vom Baustoffmarkt zurück: unter anderem verschiedene Produkte aus dem Glasrecycling (Schaumglasschotter, -Granulat und -Platten), verschiedene Recyclingsplitte und eine Fassadendämmung aus recycelten Kakaobohnen-Jutesäcken. „Außerdem haben wir industriell recycelte Materialien eingesetzt“, erläutert Nolting. „Für die Gründung aus Recyclingbeton wurde erstmals in Niedersachsen eine Zulassung erwirkt.“ Musste Material anderweitig ergänzt werden, hat das Team recyclingfähige Bauprodukte verwendet. „Den Rohbau aus leimfrei zusammengesetzten Massivholzelementen haben wir – wie die meisten Bauprodukte – recyclinggerecht verbaut“, sagt Nolting. „Sie sind im Falle des Rückbaus also wieder weitgehend ohne Qualitätsverlust in ihre Bestandteile zerlegbar.“ Kreislaufgerechte Baustellenorganisation hieß auch, nahezu alle während des Bauprozesses angefallenen Materialreste zu verbauen.

Die Leistungsphasen nonlinear durcharbeiten

„Das Entwerfen und Konstruieren vor dem Hintergrund begrenzter Verfügbarkeiten von Ressourcen, Rohstoffen und Baumaterialien stellt völlig andere Anforderungen an den Entwurfsprozess als an das ‚herkömmliche Planen‘“, betont Nolting. „So erfordert etwa die Planung mit gebrauchten Bauteilen und ihren durch die Bestandssituationen der ‚Rohstoffquellen‘ festgelegten Dimension und Mengen einen agilen, teilweise ‚umgekehrten‘ Planungsansatz – eine nonlineare Durcharbeitung der Leistungsphasen, spezifische Detaillösungen und besondere rechtliche Rahmenbedingungen.“ Eine weitere Herausforderung sei die Materialbeschaffung geeigneter gebrauchter Bauteile: „Ein professioneller Gebrauchtbauteilmarkt ist bislang kaum etabliert.“

In dieser Hinsicht waren die Rahmenbedingungen für das Recyclinghaus günstig. Die Bauherrin des Hauses, das hannoversche Wohnungs- und Bauunternehmen Gundlach, konnte die gebrauchten Bauteile selbst zu einem großen Teil liefern. Deren eigene Bestände, Abriss- und Umbauprojekte bildeten eine im Wortsinn gute materielle Basis für das Projekt – eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Projekts. „Wir hatten einen direkten Zugriff auf gebrauchte Baumaterialien mit Kenntnissen zur zeitlichen und quantitativen Verfügbarkeit“, erläutert Nolting. „Außerdem konnten wir aufgrund der vorliegenden Dokumentationen zu den eigenen Gebäudebeständen auch die Materialeigenschaften der Bauteile nachweisen.“

Die Datenlage zu gebrauchten Bauteilen spielt eine wichtige Rolle, denn mit den gebrauchten Bauteilen muss geplant werden können. „Hierfür ist es hilfreich oder sogar notwendig, dass Dimensionen, Konstruktionszeichnungen, U-Werte etc. bekannt oder beschaffbar sind“, betont Nolting. „Darüber hinaus müssen alle Bauteile zugelassen und in ihren Produkteigenschaften nachweisbar sein, zum Beispiel durch Übereinstimmungszeichen, Lieferscheine und Datenblätter.“

Vom Fenster ausgehend den Rohbau planen

Nachdem das Cityförster-Team die grundlegenden Parameter der Planung festgelegt und Materialquellen identifiziert hatte, begann die Feinplanung mit gebrauchten Bauteilen. „Hierfür waren neue Entwurfsmethoden erforderlich“, sagt Nolting. „Den ‚Zufall‘ der verfügbaren Baumaterialien mit ihren festgelegten Mengen und Abmessungen mussten wir – ähnlich wie bei einem Puzzle – in dezidierte Planung übersetzen.“ So sei noch während des Bauprozesses unerwarteter gestalterischer und funktionaler Nutzen entstanden. Als Beispiel für eine zeitliche, nonlineare Verschiebung von Planungsleistungen nennt Nolting die Elementplanung des Massivholzrohbaus im Zusammenspiel mit gebrauchten Bauteilen: „Wir mussten den Rohbau frühzeitig auf Grundlage der vorhandenen, unveränderbaren Dimensionen der gebrauchten Fensterelemente und der Fassadenbekleidungen aus Gebrauchtmaterialien planen.“
Mit Abschluss der Genehmigungsplanung war der erweiterte Rohbau (Rohbau, Fassaden, Dach) festgelegt. Zu diesem Zeitpunkt stand auch fest, welche Materialien sich für welchen Einsatz eignen – und vor allem: dass sie verfügbar sind. Dann begann der Bau. „Viele weitere Entwurfsentscheidungen – etwa bezogen auf den Innenausbau und die Freiraumgestaltung – haben wir sukzessive während der Bauphase getroffen“, so Nolting. „Wir mussten teilweise auch noch auf die sich im Zeitverlauf verändernde Abrufbarkeit von Baumaterialien reagieren.“ Das Gebäude wurde also während des Bauprozesses weiter entworfen.

Zwischen Mangel und Überfluss

„Eine Rolle spielte hierbei auch das ‚Mengenspiel‘ – also das Zuwenig und Zuviel von gebrauchten Materialien für den jeweiligen geplanten Einsatzzweck“, erläutert Nolting. „Zu geringe Mengen von Materialien ließen sich kompensieren, indem wir an ‚Fehlstellen‘ andere verfügbare Materialien eingesetzt haben.“ Waren größere Mengen von bestimmten Materialien verfügbar als benötigt, konnte das Team entweder am Gebäude selbst zusätzliche, ursprünglich ungeplante Mehrwerte geschaffen – oder es wurden Einsatzzwecke in anderen Bauvorhaben für übrig gebliebene Materialien gefunden.
„Um zukünftig auf breiterer Basis das Wiederverwenden von Bauteilen zu ermöglichen, braucht es also Zugang zu Informationen über die Eigenschaften und – rechtzeitige! – Verfügbarkeiten“, so Noltings Fazit. „Bauteilinformationen könnten auch im Zuge einer Abbruchanzeige bekannt gegeben werden. So würden Bauteile auch in einem größeren Maßstab für kreislaufgerechte Wiederverwendungen verfügbar.“


Kleinere Architekturbüros und Bauherren müssen sich noch gedulden, bis sich die nötige Infrastruktur entwickelt hat, um Häuser nach den Kriterien von Kreislaufwirtschaft, Urban Mining und Cradle to Cradle mit ähnlichem Aufwand wie herkömmliche Projekte zu realisieren. Immerhin: in vielen Regionen gibt es bereits Quellen für gebrauchte und recycelte Baustoffe. Eine frühzeitige Recherche bei Bauteilbörsen und Online-Marktplätzen lohnt sich, um zumindest Teile eines Gebäudes nachhaltig zu planen und zu bauen.

Haus & Energie

Auf zwei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss erstreckt sich eine Wohnfläche von rund 156 Quadratmetern. Auf Energieeffizienz wurde auch mit Blick auf den Betrieb geachtet. Trotz umfassender Verwendung gebrauchter Bauteile erreicht das Haus einen energetischen Standard von mindestens KfW-Effizienzhaus 55. Neben der Dämmung trägt dazu die Haustechnik bei: Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit solarthermischer Unterstützung heizt das Gebäude, begleitet von einer kontrollierten Wohnungslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.


Autor: Lars Klaaßen, März 2024

Fotos: © Olaf Mahlstedt, Sascha Priesemann/ Fa. Gundlach, Hans Schaper/ Fa. Gundlach, Cityförster Architekten

Autoreninfo:
Lars Klaaßen, Journalist, arbeitet seit 1989 als freier Autor und Redakteur, u.a. für die taz, die Süddeutsche Zeitung, das Deutsche Architektenblatt und wissenschaftliche Einrichtungen. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Architektur und Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen sowie Energiewende und Klimawandel. www.medienbuero-mitte.de

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